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Zum Glück gab es hilfreiche Nachbarinnen, die sich mit Sämlingen und Ablegern einstellten und gerne bereit waren, mir meine Mißerfolge zu erklären oder mit Kompost auszuhelfen, bis ich selber welchen hatte.
Ich will nicht sagen, daß die Lektüre von Gartenbüchern mit nicht genützt hätte. Sie hat mir sehr genützt, indem sie Richtlinien setzte, an denen ich mich orientieren konnte und die meinen Ehrgeiz weckten. Aber wirklich zu gärtnern fing ich erst an, als ich den Garten sich äußern hörte, in den Sätzen seiner Bedürfnisse.
Wie so oft, stand am Anfang nicht das Wort, sondern ein Verständigungsproblem. Solange man glaubt, man würde einen Garten 'schaffen', ist man weder wirklich bei sich noch beim Garten. Es kann höchstens darum gehen, ihn in Erscheinung zu locken. So bringt er einen dazu, für ihn zu arbeiten, gelegentlich ziemlich schwer, aber auch für sich selbst etwas zu tun - wer bewegt sich schon freiwillig so viel, wie er sollte -, was ihm mit noch mehr Arbeit gedankt wird. (S. 12f.)

Ich kenne Menschen, die ihren Garten, das heißt, was das Haus von ihrem Grundstück übriggelassen hat, der Geometrie unterwerfen und alles aus ihm herausschneiden, was diesem geometrischen Muster zuwiderläuft. Sind sie strenger Observanz, dulden sie auch nur heimische Gewächse (oder solche, die sie als heimische kennen) und Pflanzen, die sich mit den Gegebenheiten 'abfinden', keinen Dünger brauchen und außer der Schere keine Pflege. Die Frage ist nur, ob einen Ansammlung von funktionellen Gewächsen dieser Art überhaupt noch als Garten anzusprechen ist.

Für mich darf ein Garten mehr als bloß dürfen, denn ich erwarte mir von ihm, daß er mich überwältigt. Überwältigt mit der Vielfalt seiner Formen, seiner Farben, seiner Düfte und mit all den Veränderungen, die in seiner Natur liegen. Nur dann bleibt mein Interesse an ihm so wach, daß ich alles für ihn tue, was er mir abverlangt. (S. 154)

© 1999, Aufbau, Berlin.

Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.